Rassismus – Dieses Wort versetzt die Gesellschaft immer wieder in Angst und Bange. Doch was ist das eigentlich genau und ist unsere Gesellschaft wirklich frei davon?
Das Wort Rassismus wird im deutschsprachigen Raum gerne vermieden, wenn es darum geht, Missstände bezüglich Minderheiten im eigenen Land zu benennen. Lieber spricht man von Fremdenfeindlichkeit, Fremdenhass, Islamkritik oder Antisemitismus. Dies hat aber auch seine Gründe. Zum einen verbindet man das Wort Rassismus mit dem Nationalsozialismus und damit will man hier nun wirklich nichts mehr zu tun haben. Auf der anderen Seite widerspricht es dem positiven Selbstbild, welches man in Europa und Deutschland von sich hat. Schließlich ist Deutschland ein Land der Freiheit, der Gleichheit, der Brüderlichkeit, der Gleichberechtigung, eben ein aufgeklärtes Land, da passt Rassismus natürlich nicht so ganz ins Bilde. Doch spiegelt die Wirklichkeit die schöne ideale Vorstellung, die in den Köpfen der Menschen vorherrscht, auch tatsächlich wider?
Nach so einigen akademischen Ausarbeitungen und Definitionsversuchen kann man die Thematik vielleicht leicht herunterbrechen und sagen, Rassismus besteht aus Vorurteil und Diskriminierung. Dabei bestehen die Vorurteile aus Merkmalen, die einer bestimmten Gruppe zugesprochen werden. Diese werden, wenn Rassismus tatsächlich vorliegt, meist biologisch begründet oder zumindest als unüberbrückbar angesehen. So hat der Kolonialismus im Laufe seiner Geschichte andere Volksgruppen als hoffnungslos unzivilisiert betrachtet und hat sich dann das Recht herausgenommen, genau diese Volksgruppen zu „zivilisieren“. Womit wir auch schon bei der Diskriminierung wären. Diese hat genauso viele Facetten, wie es verschiedene Vorurteile gibt. Ob es nun staatliche Diskriminierungen sind, also Dinge wie Arbeitsverbote in einigen Bereichen für bestimmte Volksgruppen, gesellschaftliche, wie mediale Kampagnen, die durchgeführt werden und so die öffentliche Meinung prägen, institutionelle, wie wenn es für bestimmte Gruppen weniger Geld für den gleichen Job gibt oder individuelle, wie etwa Mobbing aufgrund einer Hautfarbe.
Rassismus als Mittel zur Stiftung der eigenen Identität
Vorurteile bedienen und Diskriminierungen dulden, bedeutet gleichsam Identität zu stiften und sich abzugrenzen. Denn wenn ‚die anderen‘ grundsätzlich dumm, aggressiv und frauenfeindlich sind, bedeutet dies im gleichen Moment eine Aufwertung der eigenen Gruppe als intelligent, duldsam und ‚frauenfreundlich‘. Diese Identitätsstiftung ist vor allem dann wichtig, wenn es darum geht, sich profilieren zu müssen, weil kein kultureller Leitgedanke mehr in der Gesellschaft ausgeprägt ist. Gut zu sehen ist dies bei dem in Europa immer wieder vorhanden gewesenem Antisemitismus. Nicht weil die Juden im besonderen Maße anders waren, hat man sie Stück für Stück ausgegrenzt, sondern weil man sie ausgrenzen wollte, um einen kulturellen Halt zu haben, hat man ihnen eine besondere Andersartigkeit zugesprochen.
Weltanschauliche Monopolansprüche
Immer wieder werden die rechtsstaatlichen Grundsätze, auf denen die Bundesrepublik aufbaut, wiederholt und es wird immer wieder deutlich gemacht, dass die verschiedensten Weltanschauungen in Deutschland geduldet werden, soviel zur Eigenwahrnehmung. Doch wenn es dann darauf ankommt, dies als Gesellschaft tatsächlich auszuhalten, wird lieber gefragt, ob der Islam denn zu Deutschland passe oder es wird etwa das gleiche Spiel vom guten Ausländer und bösen Ausländer gespielt, wie es schon lange der Fall ist. Der gute Ausländer, der immer wieder seine Loyalitätsbekundungen der Mehrheitsgesellschaft zukommen lässt oder der böse Ausländer, der von seinem Recht der weltanschaulichen Freiheit in diesem Land Gebrauch macht. Dabei werden Menschen aus anderen Kulturkreisen häufig mit extremen Vorurteilen belegt, weshalb Loyalitätsbekundungen erst nötig werden. Wenn sie diese nicht tätigen, werden sie zumindest in den Köpfen der meisten Menschen als ‚die anderen‘ eingestuft und häufig von gesellschaftlichen Prozessen ausgeschlossen. Kulturelle Abgrenzung zur Identitätsstiftung? Sicher. Rassismus? Vielleicht nicht immer, aber verstanden werden muss von der Mehrheitsgesellschaft, dass rassistische Einstellungen schon längst salonfähig gemacht wurden, verstanden werden muss von der politischen Spitze, dass sie nicht einfach auf ihre Grundsätze verzichten können, nur um eine kulturelle Abgrenzung vornehmen zu können und verstanden werden muss von der muslimischen Community, dass dies ein Spiel ist, welches auf Kosten der Menschen und auf Kosten des Islam geht, wenn es mitgespielt wird.