Wohl niemand hätte es für möglich gehalten, dass im Juli 2014 bis zu 1.500 „#IS„* Milizen die größte Stadt Iraks nach #Baghdad einnehmen können, ohne dass die 30.000 dort stationierten Soldaten, die 10.000 Polizisten oder die irakische Luftwaffe irgendeine Form des Widerstands leistete, sich sogar nach drei Tagen auf Befehl der obersten Führung komplett zurückziehen musste.
Nun, 7 Monate nachdem die irakische Armee unterstützt von einer westlichen Anti „IS“ Koalition ihre Offensive zur Befreiung Mossuls anfing, sprechen alle nur noch vom großen Sieg und der baldigen Auslöschung des „IS“. Auch der irakische Premierminister Haider al-Abadi ließ es sich nicht nehmen, unter tobendem Beifall der Armee die Stadt zu besuchen und sich als Befreier und oberster Befehlshaber zu bejubeln.
Doch was unter dem ganzen Freudentaumel und der Diskussion um die Auslöschung des „IS“ nur wenig Beachtung findet, ist die Zerstörung und das Opfer, das vor allem die Zivilbevölkerung durch die „Befreiung“ hinnehmen musste.
Quasi unbemerkt von den Medien hat sich in der 7-monatigen Operation eine der größten humanitären Krisen der heutigen Zeit abgespielt.
Die gesamte Infrastruktur Mossuls ist zerstört. Bilder dieser antiken Altstadt erinnern uns eher an den seit 6 Jahren andauernden Bürgerkrieg in #Syrien. Schätzungen zufolge braucht es 4 Milliarden Dollar, um die Stadt wieder aufzubauen.
Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen #UNICEF warnt, dass die Kinder Mossuls krank, allein, verwundet, ängstlich und dringende Hilfe und Schutz benötigen.
So sagte Hamida Ramadhani – UNICEFs stellvertretende Repräsentantin im #Irak: „Auch wenn der Kampf um #Mossul ein baldiges Ende findet, werden die tiefen physischen und mentalen Narben der Kinder lange Zeit brauchen, um zu heilen. Etwa 650.000 Jungen und Mädchen – die den Alptraum der Gewalt in Mossul erlebt haben – mussten einen hohen Preis zahlen und haben in den vergangenen drei Jahren viele Schrecklichkeiten ausgehalten.
Ein Doktor sagte uns, dass Säuglinge, die erst eine Woche alt sind, Kinder und Mütter verwundet und eingehüllt in Staub auftauchen, einige davon unterernährt.“
In einem anderen Bericht über das Schicksal der Kinder berichtete UNICEF am 5. Juni: „Etwa 100.000 Mädchen und Jungen verbleiben in extrem gefährlichen Bedingungen in der Altstadt und anderen Bereichen West-Mossuls. Viele sind im Kreuzfeuer gefangen und #Krankenhäuser und andere medizinische Einrichtungen gerieten wiederholt unter Beschuss. Das Leben der Kinder wird aufs Spiel gesetzt. Kinder werden getötet, verletzt oder als menschliche Schutzschilde benutzt, in manchen Fällen mussten sie sich sogar an den Kämpfen beteiligen.“
Bereits in den ersten Tagen der Operation zeichnete sich ab, dass die irakische Armee und die westliche Koalition wenig Wert auf zivile Verluste lagen. Allein am 23. März tötete die westliche Koalition bei mehreren Luftschlägen an einem einzigen Tag 230 Menschen, die meisten davon Kinder und Frauen. Die Luftschläge waren so verheerend, dass der Kreisrat Mossuls forderte, die Stadt zu einer Katastrophenzone auszurufen.
Basma Basim – Führer des Kreisrates von Mosul – bestätigte, dass in einer Woche 500 Zivilisten durch die Bomben der internationalen Koalition umgekommen sind.
Nun nach der „Befreiung“ bestraft die irakische Armee scheinbar geschützt von der internationalen Koalition die gesamten Einwohner Mossuls dafür, dass sie sich nicht gegen die Terrorherrschaft des „IS“ aufgelehnt haben. Willkürliche Verhaftungen, #Folter und Mord stehen an der Tagesordnung.
Die Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch“ (#HRW) berichtet, dass die irakische Armee aus Mossul fliehende Kinder und Männer tötet, nachdem die „finale Phase“ im Kampf gegen den „IS“ eingeleitet wurde.
Zeugen berichten gegenüber HRW, sie sahen wie die irakische Armee unbewaffnete Männer und Jungen schlug, die versuchten, den Bombardierungen und Kämpfen zu entfliehen. Ebenfalls erhielt HRW zur selben Zeit Informationen über die Exekutierung unbewaffneter Männer durch die irakische Armee.
Lama Fakih, stellvertretende Direktorin für den Nahen Osten bei HRW sagte: „Während die irakische Armee danach trachtet, die gesamte Stadt Mossul wieder zu erobern, erhöhen Behauptungen über willkürliche Ermordungen und Folter Bedenken für die Zivilisten dort, die unter „IS“ Herrschaft leben mussten. Die irakische Armee verspricht die Befreiung, doch sie müssen herausfinden, was da vor sich geht und jegliche Folter einstellen.“
Auch der hohe Kommissar für #Menschenrechte bei der UN Zeid Raad Hussein bestätigte, dass die irakische Armee eine kollektive Bestrafung der Zivilbevölkerung ausübt: „Es ist verstörend von Berichten über die Androhung der kollektiven Bestrafung zu hören, einschließlich der illegalen gewaltsamen Vertreibung gegen jene Familien, dessen Verwandte verdächtigt werden, mit dem „IS“ zusammengearbeitet zu haben.“
Die #Terrorherrschaft des „IS“ scheint vorbei zu sein. Doch der Alptraum vom Krieg ist für unsere Geschwister in Mossul noch lange nicht vorbei. Möge Allah unsere Geschwister von jeglichem Krieg und Terror beschützen, egal ob vom „IS“, der irakischen Armee oder der internationalen Koalition. Amin
*Anmerkung: Der „IS“ wird bewusst in unseren Artikeln stets hervorgehoben, da entgegen ihrer verzerrten Selbstwahrnehmung sie gemäß dem Verständnis des Islam kein rechtmäßiges #Kalifat darstellen.