Kopftuchstreit tHessen

Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst der selbstbestimmten Muslima. Es ist wirklich zum Haareraufen. Jahrelang haben Medien und Politik versucht das Narrativ von der unterdrückten muslimischen Frau aufrechtzuerhalten. Muslimische Männer wurden als die Täter und die muslimischen Frauen und Mädchen als die Opfer hingestellt. Ergo: Die westlichen Gesellschaften, darunter auch die deutsche, müssen der muslimischen Frau und ihrem Kampf gegen Kopftuch und Religion zur Seite stehen. Hat man allerdings mit den Betroffenen gesprochen? Nein. Denn hätten sie es gemacht, dann hätten sie das gehört, was nun von Seiten unserer Schwestern deutlich zu Tage tritt: Probleme mit Unterdrückung und Diskriminierung treten vor allem deswegen im Alltag hervor, weil viele ein Kopftuch bei sich auf der Arbeit, in der Schule oder in der eigenen Nachbarschaft nicht sehen möchten.

Wenn es wirklich um Selbstbestimmung ginge, warum gibt es keine Anlaufstellen oder breite öffentliche Unterstützung für junge Muslima, die beispielsweise ein Kopftuch tragen oder tragen möchten, ihnen dies aber schwer gemacht wird? Wenn die fehlende Selbstbestimmung das Problem wäre, dann müssten doch jetzt alle gemeinsam tief durchatmen und froh darüber sein, dass die meisten muslimischen Mädchen selbstbestimmt ihr Kopftuch tragen. Doch wie äußert sich denn nun diese Unterstützung? In Debatten um Verbote und noch mehr Verbote, die das muslimische Leben in Europa zurückdrängen und unsichtbar machen möchten – und die Muslime wehren sich. Die selbstbestimmte Muslima ist zum Alptraum der islamophober Politiker geworden.

Zu den Medien:

Seitdem die AfD einen parteipolitischen Aufstieg hingelegt hat, gibt es seitens der Medien immer wieder Erklärungsversuche, wie dies geschehen konnte. Wie Unschuldige wollen sie sich außerhalb des Geschehens sehen und philosophieren darüber, ob dies vielleicht an der Mentalität der Provinzen gelegen haben könnte. Oder etwa daran, dass die Menschen im Osten sich abgehängt fühlen oder vielleicht liegt es auch an den sozialen Netzwerken und deren Potenzial für Filterblasen? Was allerdings nie zur Sprache gekommen ist, ist das Mitwirken zu islam- und xenophober Haltungen durch die Medien selbst. Jahrelang hat man die Bevölkerung mit Angstmacherei vor dem Islam beschmissen und nun wundert man sich über die Früchte seiner eigenen Saat. Dabei ist der unten stehende Videobeitrag leider ein gutes Beispiel dafür, dass viele, wie die Hessenschau, immer noch nichts aus der Situation gelernt haben. Man lädt absichtlich offen hetzende Populisten wie Zana Ramadani ein, von der kein konstruktives Wort in der Debatte zu erwarten ist und befeuert damit die aufgeheizte Stimmung noch mehr. Dabei hätten sachlich-fundierte Worte der Situation doch deutlich besser getan.

Zu den Akteuren aus der Zivilgesellschaft:

Gerade die Leute, die sich nie für das muslimische Leben, den Islam oder sonst etwas interessiert haben, dass aus einer anderen Kultur stammt als der eigenen, schwadronieren ständig darüber, wofür das Kopftuch steht und was es bei den Betroffenen auslöst. Die Rektorin der Grundschule aus dem unten stehenden Video sagt bspw.: „Wenn man sehr früh ein Kind, in dem Fall ein Mädchen, sehr streng in eine Rolle, die eigentlich heute hier nicht mehr gelebt werden sollte, drängt, finde ich das problematisch.“

Mal abgesehen davon, dass sie in einer unnachahmlich aber typisch oberflächlichen Art das Kopftuch sofort mit Strenge, einer Rolle und einem problematischen Lebensentwurf assoziiert; Es kann doch nicht sein, dass gerade die Menschen, die einen zu kleinen Horizont besitzen, anfangen wollen, in einer zunehmend multikultureller werdenden Gesellschaft, zu bestimmen, was Menschen leben sollten und was nicht.

Dass gerade diese Leute, die immer betonen müssen, das sie sich ja so sehr um das Wohl der muslimischen Kinder sorgen und darum, dass sie zu viel Zwang ausgesetzt sind, als einzigen Lösungsvorschlag dann mit Zwang aus den eigenen Reihen fronten wollen, ist traurig. Gerade deswegen, weil offensichtlich das Gespür für wirkliche Probleme und wie man diese löst, abhanden gekommen ist. Denken diese Leute wirklich, die Probleme, das strenge Elternhaus und der Zwang, wenn es das alles denn im einzelnen Fall wirklich geben sollte, werden damit gelöst, dass man das Kind dazu zwingt sein Kopftuch auszuziehen? Ganz nach dem Motto „aus den Augen aus dem Sinn“? Und gleichzeitig dann auch noch diejenigen Mädchen bestrafen, die gerne ein Kopftuch tragen und bei denen es unproblematisch ist?

Eine Lösung in Sicht?

Der Streit um das Kopftuch ist zu einem Stresstest für die deutsche Gesellschaft geworden und diese ist gerade drauf und dran diesen nicht zu bestehen. Denkt man seine Maßnahmen konsequent zu Ende? Denkt man wirklich mit staatlicher Kleinkariertheit und kulturellem Starrsinn könnte man eine Gesellschaft auf Dauer in Frieden führen, die sich mehr und mehr in eine multikulturelle Richtung entwickelt? Jeder Laie sieht, dass dies zum Scheitern verurteilt ist. Vielmehr braucht es die Akzeptanz der Andersartigkeit anderer Menschen von allen Seiten. Sowohl Muslime als auch Nichtmuslime müssen akzeptieren, dass sie notwendiger Weise mit Menschen zusammenleben, die andere Vorstellungen vom Leben haben als man selbst. Dazu gehört, dass man nicht versucht, die anderen durch unsinnige generelle Verbote einzuschränken und ihre Überzeugungen so zu verdrängen. Dazu gehört aber auch das selbstbewusste Einfordern seiner Rechte und die mutige Kritik an Entwicklungen, die zum Ziel haben, diese einzuschränken. Nur so kann ein harmonisches Miteinander funktionieren, ohne krankhafte Assimilierung-Phantasien.

(Das erwähnte Video: https://www.youtube.com/watch?v=8W55nHYUNt4 )