Muslimische Karrierefrauen werden hervorgehoben und symbolisieren eine freie, starke und mündige muslimische Frau. Diese Frauen werden als Paradebeispiele angeführt, um der öffentlichen Meinung eines „unterdrückerischen Islam“ entgegenzutreten. Gemäß dem Motto: „Seht her! Muslimische Frauen werden NICHT unterdrückt.“

Auf diese oder eine ähnliche Art versuchen einige Geschwister in der westlich-muslimischen Gemeinde bestimmten Ressentiments gegenüber der muslimischen Frau entgegenzutreten und diese durch die Herstellung eines neuen Narrativs gar aus dem Diskurs zu verdrängen. Dabei handelt es sich bei der Herstellung eben jenes neuen Narrativs zwar um eine gut gemeinte, jedoch durch ihre Argumentation kontraproduktive Vorgehensweise. So spielen sie damit den Islamhassern, die sie ja eigentlich zu bekämpfen versuchen, nicht selten in die Hände. Man versucht reaktionär bestimmte Stereotypen zu bekämpfen, ohne zu merken, dass sich durch die eigene Vorgehensweise bestimmte Vorurteile in der öffentlichen Debatte perpetuieren. Wenn wir als muslimische Gemeinschaft anfangen, das Fehlen von Unterdrückung bei muslimischen Frauen mit dem Appell „aber muslimische Frauen sind doch in so vielen wissenschaftlichen und technischen Berufen tätig“ zu beweisen, dann ist dies eine intellektuelle Niederlage, bevor die Debatte erst angefangen hat.

Zum Einen wird der Vorwurf der Unterdrückung der muslimischen Frau durch die Hervorhebung jener Beispiele akzeptiert, sodass aufbauend auf dieser falschen Annahme argumentiert und agiert wird.

Des Weiteren wird bei diesem Narrativ mit falschen Prämissen agiert. Es überkompensiert und verzerrt das Bild der Frau im Islam. Indem sie die Stereotype einer freien und unabhängigen Karrierefrau stark hervorheben, untergraben die Vertreter dieses Narrativs die andere, für uns Muslime elementare Seite der Frau: die Ehefrau und die Mutter, welche sich um den Haushalt und die Erziehung ihrer Kinder, der nächsten Generation, kümmert. Im Islam ist das „Hausfrauendasein“ keine schändliche, falsche oder minderwertige Sache. Ganz im Gegenteil! Es ist eine würdevolle, großartige und relevante Aufgabe zum Schutze und zur Bewahrung der islamischen Identität. Der Islam kennt die sich um ihre Kinder kümmernde Frau nicht als „Hausfrau“, sondern gibt ihr den Titel der „Hausherrin“ (rabbabutl bayt). Die Hausherrin ist somit das Rückgrat der Familie und demzufolge auch das Rückgrat der Gesellschaft. Eine gesunde Gesellschaft besteht nämlich aus gesunden Familien, und eine gesunde Familie hat im Herzen eine starke und bodenständige muslimische Frau. Sie begründet ihre Familie und ist der Anker eben jener. Ohne sie spürt die gesamte Familie eine spürbare Leere, eine Lücke, ein Defizit.

So erwiesen sich etwa der Hidschab und die Abgeschiedenheit der muslimischen Frauen in Algerien als ein Hindernis für die französischen Kolonialmächte zu ihrer Zeit. Frantz Fanon, ein in der Martinique geborener Psychiater und antikolonialer Intellektueller, beschrieb die französische Kolonialdoktrin deshalb wie folgt:

„Wenn wir die Struktur der algerischen Gesellschaft, ihre Widerstandsfähigkeit zerstören wollen, müssen wir zunächst die Frauen bezwingen. Wir müssen sie hinter dem Schleier aufspüren, in dem sie sich verstecken, und in den Häusern, in denen die Männer sie verborgen halten.“

Demzufolge beharren auch hierzulande mehr als ein Jahrhundert später die säkularen Nichtmuslime darauf, dass Frauen gut sichtbar und öffentlich zur Schau gestellt werden, obwohl der Islam die Privatsphäre und die Ehre einer Frau bewahrt, indem er sie vor den Blicken fremder Männer abschirmt. Indem er eine gesunde Trennung zwischen den Geschlechtern herstellt und die Frauen in der Öffentlichkeit nicht leicht zugänglich macht, bewahrt der Islam nämlich die Reinheit der Herzen der Menschen und die Gesundheit der Gesellschaft insgesamt. Er steht somit im diametralen Gegensatz zum Veröffentlichen von Fotos muslimischer Frauen in sozialen Medien, wo sie für Abertausende von fremden Männern sichtbar sind.

Eine derartige Denkweise wird die ideologischen Gegner nicht wirklich überzeugen, wenn sie fest davon überzeugt sind, dass der Islam die Frauen unterdrücke und das „Problem“ dem Islam als solches inhärent sei. Ihr Hass sowie ihre eindimensionale Sichtweise auf den Islam ist tief in ihnen verankert. Ein paar Impressionen und Viten muslimischer Ingenieurinnen und Mathematikerinnen werden sie höchstens in ihrer Denkweise bestätigen. Ausnahmen würden nämlich die Regel bestätigen und das Gegenargument käme prompt und hieße:

„Nun gut, diese wenigen muslimischen Frauen werden vielleicht nicht unterdrückt, aber es gibt unzählige andere, die es tatsächlich sind. Der Hidschab selbst ist unterdrückend, weil er lediglich von Frauen getragen wird. Der Islam ist eine geschlechtsspezifische Religion, also ist er patriarchalisch und frauenfeindlich.“

Ein paar Glamour-Aufnahmen in den sozialen Netzwerken und „Bilderbuch-Lebensläufe“ gehen somit nicht auf diese zentrale Behauptung ein und dekonstruieren keineswegs die genannten Argumente. Im Gegenteil, sie verfestigen sie meistens und haben somit den Beigeschmack eines Minderwertigkeitskomplexes, bei dem man das Gefühl hat, man müsse sich unbedingt an die hiesige Gesellschaftsordnung anpassen und jedes noch so kleine „Positivbeispiel“ anführen, um nicht kritisiert zu werden. Dieses gefährliche Narrativ akzeptiert die verlogene Kritik an unseren Schwestern und nimmt den vorgegebenen Rahmen des Diskurses als selbstverständlich hin. Anstatt die westlichen Standards in Frage zu stellen, versucht es einfach, sich ihnen anzupassen.
Das Infragestellen der Gegenseite ist jedoch angebracht und notwendig, um die Differenzen der verschiedenen Sichtweisen auf die Frau zu verstehen. Der Westen basiert seine Argumentation nämlich auf verschiedene Prämissen:

Frauen müssen für einen finanziellen Ausgleich arbeiten, um als „erfolgreich“ und „nützlich für die Gesellschaft“ zu gelten.

Es gibt jedoch viele andere Arbeitsformen, die immens wertvoll – und völlig unersetzlich – sind und nicht mit einem Gehaltsscheck eines Arbeitgebers einhergehen. Die Hervorhebung der Beschäftigung als Beweis für Befähigung und Erfolg ist einfach ein Bekenntnis zu der falschen Behauptung, Karrierismus sei Befähigung. Warum sollten wir dies blindlings akzeptieren, wenn so viele Frauen in der Geschäftswelt ein hohes Maß an Unzufriedenheit mit ihrem Leben ausdrücken?

Frauen müssen die gleiche Arbeit wie Männer leisten, um als „befähigt“ und „befreit“ angesehen werden zu können.

Die Vorstellung, dass eine Frau ihre Verdienste unter Beweis stellen muss, indem sie sich bemüht, mit den Männern zu konkurrieren und sie in ihrem eigenen Spiel zu schlagen, ist einfach nur traurig. Der Feminismus drängt die Frau dazu ihre gewohnte Rolle abzugeben und genauso wie der Mann zu sein. Sie soll in die gleichen Bereiche einsteigen, die gleichen langen Arbeitszeiten und gar das gleiche Maß an Promiskuität haben, sodass sie dadurch Glück und Wertschätzung erlangen kann. Frauen reflexartig dazu zu drängen, sich in männlich dominierte Bereiche zu begeben, um zu beweisen, dass sie „empowert“ seien, ist jedoch wohl eher das Gegenteil dessen.

Je höher eine Frau die Karriereleiter hinaufgeklettert ist und je mehr Bildungsabschlüsse sie gesammelt hat, desto besser ist sie dran.

Der immense Karrieredruck, der in der hiesigen Gesellschaft auf die Frau lastet, um als freie und unabhängige Frau angesehen zu werden, geht letztendlich auf die Kosten der Familie. Der Feminismus verspricht der Frau, dass sie alles tun und alles haben könne: Sie könne die Karriereleiter hinaufsteigen und mehrere Doktortitel erlangen, während sie gleichzeitig einen Mann haben, eine Familie gründen und ihre Kinder bemuttern würde. Dies ist jedoch eine Fantasie, die sich in den wenigsten Fällen in der Realität so abspielt. Unzählige berufstätige Frauen mit großen Karrieren neigen dazu, dysfunktionale Beziehungen und Familienleben zu führen, weil sie ihre Karriere an die erste Stelle setzen. Selbst Frauen, die keine hochkarätigen Juristinnen sind oder andere ungewöhnlich anspruchsvolle Berufe ausüben, leiden an dem ständigen Druck, der Gesellschaft beweisen zu müssen, dass sie erfolgreich sind und mit ihren männlichen Kollegen mithalten können. Sie können sich nicht auf ihr Berufsleben konzentrieren und sind ebenso wenig in der in der Lage, sich voll und ganz dem Zuhause, der Familie oder den eigenen Kindern zu widmen.

All diese Prämissen sind demnach zurückzuweisen. Weder vertreten wir als Muslime diese Ansichten, noch unterwerfen wir uns ihnen. Wir als Muslime unterwerfen uns den übergeordneten Werten unseres Schöpfers. Den Werten, die uns im Islam über die Geschlechter, ihre Rollen, ihre Natur und die Art und Weise ihrer Zusammenarbeit berichtet werden. Es sind jene Werte schöpferischen Ursprungs, die wir Menschen annehmen sollten und womit die Gesellschaft und die Menschheit gedeihen können. Die derzeit vorhandenen und propagierten liberalen und feministischen Werte sind demnach zurückzuweisen, da sie versuchen, die Frau in Rollen und Konkurrenzsituationen zu drängen, die für sie unnatürlich sind.

Den Islamfeinden, die behaupten, dass die muslimische Frau unterdrückt werde, genügt als Antwort, dass wir ihr Spiel nicht mitspielen und auf die ebengenannten Missstände und das verzerrte Frauenbild in der hiesigen kapitalistischen Gesellschaft hinweisen. Der Islam hingegen schätzt, ehrt und würdigt die Frau und ihre Natur in jeglicher Hinsicht. Es hat seinen Grund, weshalb jährlich hunderttausende Frauen aus nicht-muslimischen Kulturkreisen zum Islam konvertieren und die westlichen Bewertungsmaßstäbe für den Erfolg oder Misserfolg einer Frau ablehnen.