Das Wort Sunna bedeutet linguistisch gesehen ein Lebensstil, Weg oder ein Verhalten dem gefolgt wird. Eine andere Wurzel des Wortes Sunna ist „bayaan“ und bedeutet etwas durch Wort oder Tat klarzustellen. Die gebräuchlichste Bedeutung besagt, dass das Wort Sunna heißt, etwas zu initiieren oder ein Exempel zu setzen, dem gefolgt wird. Wenn also jemand etwas beginnt, dem die Menschen darin
folgen, so hat er eine „Sunna“ belebt.
Abû Huraira (r) berichtete: Der Gesandte Allâhs (s) hat gesagt: „Wer zur Rechtleitung aufruft, bekommt einen Lohn, wie die Gesamtlöhne aller, die ihm folgen, ohne Verminderung ihrer Löhne.“ (Muslim ; Kapitel 26 Nummer 1036)
Als ein islamischer Term nimmt der Begriff Sunna je nach Zweig verschiedene Bedeutungen an:
Die Hadithgelehrten definieren die Sunna als „alles was vom Propheten überliefert wurde: Seine Taten, seine Aussprüche, sein stillschweigendes Dulden und alle Überlieferungen, die seine physischen Eigenschaften und seinen Charakter beschreiben.“
Für die Fuqaha (islamische Rechtsgelehrte) gehört die Sunna zu den wünschenswerten Handlungen (Mandubat). Somit ist Sunna ein Synonym von Mandub. Beispielsweise ist das Fasten außerhalb des Ramadans eine Sunna.
Für die Gelehrten des Usul al-Fiqh (Fundamente der Rechtswissenschaften) stellt die Sunna neben dem Quran, dem Konsens der Prophetengefährten (Idschma as-Sahaba) und dem Analogieschluss (Qiyas) eine weitere Rechtsquelle dar.
Dabei sollte die Anwendung der Sunna im Fiqh, nicht mit der des Usul al-Fiqh verwechselt werden. Im Usul al-Fiqh ist die Sunnah eine Quelle um Gesetze abzuleiten und kann die folgenden Typen des Hukm Shar´i (Ansprache des Gesetzgebers) annehmen: Fard (verpflichtend), Haram (verboten),
Mandub (wünschenswert), Makruh (verpönt) und Mubah (erlaubt).
Die Sunna des Gesandten Allahs (s) erreicht uns durch seine Aussagen, sein stillschweigendes Dulden und seine Taten.
Das stillschweigende Dulden des Propheten (s) gilt für jene Angelegenheiten, in denen vor dem Gesandten Allahs (s) etwas getan wurde und er (s) dies nicht missbilligte.
Die Taten des Propheten (s) umfassen seine natürlichen Taten als Mensch, die spezifischen Taten als Prophet und die mit gesetzgebender Wirkung. Die natürlichen Taten des Propheten (s) als Mensch beinhalten die Art und Weise wie er (s) stand,
saß, aß oder trank. Es wird beispielsweise überliefert, dass wenn der Prophet (s) beim Gehen seinen Kopf in eine andere Richtung drehen wollte, seinen ganzen Körper drehte. Diese Taten haben keine gesetzgebende Wirkung, außer der Prophet (s) empfahl eine bestimmte Tat. Dabei handelt es sich dann um eine wünschenswerte Tat (Mandub).
Allah (swt) hat dem Propheten (s) Gesetze herabgesandt, die spezifisch für ihn (s) gelten. Einige Beispiele für nur dem Propheten geltende spezifische Taten: Für den Propheten (s) war das Tahajjud Gebet (freiwilliges Nachtgebet) verpflichtend, er durfte über die Nacht hindurch fasten und seine Eheschließungen mussten keine Brautgabe (Mahr) beinhalten.
Die Taten des Propheten (s), die eine gesetzgebende Wirkung haben, können in drei Bereiche kategorisiert werden:
1. Die Tat des Propheten (saw) liefert eine Erklärung für einen Text. Dabei nimmt die Handlung des Propheten (s) denselben Hukm an, wie der erklärte Text. Beinhaltet der Text also einen verpflichtenden Charakter wird die Tat des Propheten (s), die als Erklärung für den Text gilt ebenfalls verpflichtend. Es ist beispielsweise bekannt, dass der Quran die Verrichtung des Gebets verpflichtet hat; Allah (swt) sagt: „Das Gebet ist den Gläubigen zu bestimmten Zeiten vorgeschrieben.“ [4:103]. Der Prophet (s) sagt: „Betet so, wie ihr mich habt beten sehen.“ (Sahih al-Bukhari). Dies bedeutet, dass die Erklärung der Verrichtung des Gebets durch die Taten des Propheten
ebenfalls einen verpflichtenden Charakter einnimmt. So wird überliefert, dass der Prophet (s) beim Gebet stehend die Surah Fatiha in jeder Raka rezitierte. Das rezitieren dieser Surah, während man im Gebet steht, ist in jeder Raka somit verpflichtend.
2. Die Taten des Propheten (s), welche unter die Kategorie des Wünschenswerten (Mandub) fallen. Wurde eine Tat als wünschenswert klassifiziert und möchten wir diese Tat vollziehen oder möchten wir im Allgemeinen eine wünschenswerte Tat vollziehen, dann müssen wir diese so vollziehen, wie der Prophet (s) sie vollzogen hat. Beispiele dafür sind die Sunna-Gebete oder das Fasten von sechs Tagen im Monat Shawwal.
3. Die Taten des Propheten (s), welche unter die Kategorie des erlaubten (Mubah) fallen. Da diese Taten erlaubt sind führen sie weder zum Wohlgefallen, noch zum Zorn Allahs (swt). Ein Beispiel dafür ist das Essen und Trinken in den Nächten des Ramadans, bis die Morgendämmerung einbricht, so heißt es in einem Koranvers: „Und esst und trinkt, bis der weiße Faden von dem schwarzen Faden der Morgendämmerung für euch erkennbar wird.“ (2:187)
Zusammenfassend ist dies ein kleiner und grundlegender Einblick in die Sunna. Die islamischen Gelehrten haben im Versuch die Sunna zu kategorisieren und die Authentizität der Aussagen des Gesandten Allahs (s) festzulegen, Bücher, die mehrere Volumen umfassen, verfasst. Letztendlich ist die Sunna ein Wegweiser und sollte ein fester Bestandteil des Alltags eines Muslims sein.
„Ihr habt ja im Gesandten Allahs ein schönes Vorbild, (und zwar) für einen jeden, der auf Allah und den Jüngsten Tag hofft und Allahs viel gedenkt.“ [33:21]