Der G20-Gipfel in Hamburg im Jahre 2017 – ein Treffen der 20 stärksten Wirtschaftsmächte dieser Welt. Die teilnehmenden Staaten repräsentieren 85 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung, 80 Prozent des Welthandels und zwei Drittel der Weltbevölkerung. Also ein gewichtiges Treffen, auch wenn man bestreiten darf, ob in zwei Tagen inhaltlich etwas Bewegendes auf die Beine gestellt werden kann. Überschattet wird das Treffen aber von den Unruhen drumherum. In der Nacht vom 7. bis 8. Juli wurden mehrere Geschäfte geplündert, Schaufenster eingeschlagen, Autos angezündet und Polizeibeamte angegriffen. Innerhalb von zwei Tagen seien 196 Beamte verletzt worden. In der Nacht von Freitag auf Samstag ist die Polizei dann mit einem Großaufgebot gegen knapp 1500 Randalierer vorgegangen.

Dabei geht völlig unter, wofür der G20-Gipfel eigentlich inhaltlich steht. Über was wird diskutiert? Welche Programme werden vorgestellt und welcher Kurs soll eingeschlagen werden? Ein Programmpunkt ist der Marshallplan für Afrika, ein Teil dessen der sogenannte „AATIF-Fonds“ ist. Schauen wir uns diesen also etwas genauer an.

Der Africa Agriculture and Trade Investment Fund (AATIF) ist ein Entwicklungsfonds, begründet von dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ), der Deutschen Bank AG und der KfW-Entwicklungsbank. Die Einlagen dieses Fonds sind in drei Bereiche geteilt.
Der A-Bereich: Hier gehen alle Investitionen ein von privaten Finanziers. Dieser Bereich wurde bisher hauptsächlich gestützt von kirchlichen Investitionen und aus privaten Haushalten.
Der B-Bereich: Dieser wird hauptsächlich getragen von der Deutschen Bank und der KfW-Entwicklungsbank.
Der C-Bereich: Dieser wird hauptsächlich vom BMZ gestützt. Gewinne werden so verteilt, dass sie zuerst über die Anleger des A-Bereiches verteilt werden bis zum C-Bereich. Verluste genau andersherum. Ziel des Fonds ist es, „das Potenzial des afrikanischen Agrarsektors auf allen Ebenen – Produktion, Verarbeitung, Dienstleistungen und Handel – zugunsten der Armen zu erschließen.“

Konkrete Wirkungen, die der Fonds erzielen wollte sind nach eigenen Angaben u.a.:
1. Die Verbesserung des lokalen Arbeitsmarktes
2. Beschäftigungsprogramme zur Weiterbildung und Qualifizierung von Arbeiter/innen
3. Trainingsprogramme für benachbarte Kleinbäuer/innen
4. Verbesserung von Wohnsituationen von Arbeiter/innen
5. Malariaschutz
6. Anbindung der Kinder von Farmarbeiter/innen an die lokale Schule

Der Fonds hat größtenteils die Probleme nur verschärft

Der Fonds, der sich diesen hochtrabenden Zielen verpflichtet hat, scheint sich angesichts seiner realen Wirkungen eher als westliche Wirtschaftsförderung zu entpuppen im Mantel eines humanitären Programms, welches das Potenzial innehat, eine positive, Wählerstimmen bringende Außenwirkung zu erzielen. Der Fonds hat unter anderem folgendes erreicht:

1. Knapp 79% der Gelder wurden bisher an Unternehmen weitergegeben, die in Finanzparadiesen agieren, nicht etwa an die Bauern vor Ort! Der Fonds selbst wird aus Luxemburg kontrolliert und nicht etwa aus Deutschland, denn nach deutschem Recht hätte der Fonds gar keine rechtliche Grundlage bekommen. Außerdem muss grundsätzlich aus Luxemburg keine Ertragssteuer gezahlt werden. Dies gibt das Bundesministerium sogar offen als Grund der Standortverlegung zu!
2. 2009 erklärte der Fonds, er wolle 1639 Arbeitsplätze in Sambia schaffen. Tatsächlich ist die Zahl der Arbeitnehmer vor Ort von 258 auf 208 gesunken.
3. Die Trainingsprogramme für Kleinbäuer/innen stecken teilweise noch in der Planungsphase und wurden nur teilweise bis gar nicht realisiert.
4. Die Entlohnung vor Ort für Gelegenheitsarbeit ist extrem niedrig. Das Sammeln eines 50 Kg-Sacks von herbizidresistenten Wildnüssen wird umgerechnet mit 5 Cent entlohnt.
5. Expansionspläne der bestehenden Großfarmen hätten um ein Haar die gewaltsame Vertreibung kompletter dort ansässiger Gemeinden bedeutet. Dies konnte im letzten Moment von der Organisation FIAN gestoppt werde. Was aber praktisch umgesetzt wurde, ist das Verbot der in den Gemeinden lebenden Menschen, eigene Agrarprodukte anzubauen, sonst würde man sie gewaltsam aus ihren selbstgebauten Häusern vertreiben und diese zerstören. Man hatte den Anwohnern einen anderen Platz angeboten, da dort aber keine hinreichende Wasserversorgung und Wohnmöglichkeiten bestehen, ist dies für die Anwohner inakzeptabel.

Die Probleme dieses Plans sind Erscheinungsformen der kapitalistischen Ideologie. Diese Weltanschauung ist von vorn herein darauf ausgerichtet, materiellen Nutzen zu generieren, lässt dabei aber nicht die Erfüllung weiterer Werte zu. Dies bedeutet nicht, dass ein einzelner Mensch, der auch von diesen Ideen überzeugt ist, auch von diesem Werteverfall betroffen sein muss. Allerdings sind die westlichen Staatsapparate nicht in der Lage, ethische oder humane Ziele wirklich ihrer selbst Willen zu erfüllen. Wird einem Land tatsächlich auf die Beine geholfen, ist dies nur ein günstiger Nebeneffekt bei dem Versuch, der eigenen Wirtschaft einen Vorteil zu verschaffen.

Afrika ist ein Kontinent voller Ressourcen. Es gibt viele Potenziale, die ausgeschöpft werden können und die dafür sorgen könnten, dass es dem gesamten Kontinent schon bald wieder besser geht. Doch diese Potenziale werden nicht zur Entfaltung kommen, solange die westliche Welt Afrika für ihren eigenen Nutzen in Abhängigkeit hält. Kein einziger Plan wird Afrika wirklich grundlegend humanitär helfen können, es sei denn der Plan sieht vor, dass man sich aus allen Angelegenheiten zurückzieht. Doch dies würde wirtschaftlichen Schaden bringen und dies ist für die kapitalistischen Mächte ein grundlegendes Tabu. Die Frau aus dem sambischen Dorf, welche im unten verlinkten Video interviewt wurde, sagte also mit völligem Recht: „Ich beschwere mich über die Weißen. … Wir müssen hungern, weil sie nicht zulassen, dass wir unser Land bewirtschaften.“