Die Diskussion um das Kopftuch, den Burkini oder das Burkatragen in Deutschland und Frankreich ist einfach erbärmlich. Unabhängig von der Entscheidung des französischen Verwaltungsgerichtes, welches nun das lächerliche Burkiniverbot gekippt hat, wurde durch die Debatte einiges wieder deutlich. Geht es wirklich um die Verteidigung der Freiheit? Geht es darum, den Islam anzugreifen? Oder geht es hier um was anderes? Als Muslim und vor allem in diesem Fall als Muslima sollte uns bewusst sein, worum es beim diesmaligen Aufkommen der altbekannten Diskussion wirklich geht.

„Die edlen Ritter der westlichen Freiheit“

Sie zelebrieren sich und inszenieren sich bis zum geht nicht mehr: „Die edlen Ritter der westlichen Freiheit“. Wenn sie nicht dafür kämpfen würden, dass muslimische Frauen freizügig am Strand von Nizza baden müssen und wenn man in Deutschland nicht das Burkatragen verbietet, dann sind Frankreich und Deutschland der Islamisierung vollkommen ausgesetzt. Man könnte schon fast glauben, morgen wird in Berlin und Paris ein Kalif aufgestellt, wenn man heute nicht handelt. Dass der Glaube daran fernab der Realität ist, braucht hier keine Erwähnung, wenn man bloß daran denkt, wie gering die Anzahl der Frauen ist, die überhaupt Burka tragen. Anscheinend ist die Diskussion in Frankreich über die Wichtigkeit der Freizügigkeit am Strand bedeutender, als die wirtschaftlichen Probleme des Landes. Es ist einfach absurd, am Kleidungsverhalten muslimischer Frauen fest zu machen, ob die Freiheit gefährdet ist oder nicht. Die Freiheit ist dann gefährdet, wenn muslimische Frauen sanktioniert werden, weil sie sich nicht ausziehen wollen. So sagte der muslimische Bürgerrechtsaktivist Yasser Louati: „Es gab schon immer diese Fantasie, dass die muslimische Frau auf ihren weißen Retter wartet, der ihr die Freiheit schenkt. Und jetzt gibt es diese Fokussierung auf das Kopftuch. Es geht aber nicht darum, die Frau zu befreien. Es geht darum, sie auszuziehen und über sie zu bestimmen.“ Aber dem politisch bewussten Muslim sollte bewusst sein, es geht hier auch um andere Dinge.

Geht es einfach darum, den Islam anzugreifen?

Ein Muslim sollte nicht die Opferrolle spielen. Denn dass der Islam in Europa oft negativ betrachtet wird, hat eine lange Geschichte. Dennoch gibt es viele Nicht-Muslime in Frankreich und Deutschland, die keine Probleme mit dem Islam oder mit Muslimen haben. Es wäre einfach zu oberflächlich betrachtet, die Diskussion darauf zu beschränken, dass es nur darum geht, den Islam anzugreifen. Vielmehr geht es hier darum, Wählerstimmen einzufahren. In Deutschland stehen im September die Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern und die Wahl zum Abgeordnetenhaus in Berlin an. Des Weiteren steht im September 2017 die Bundestagswahl an. Da die AfD mit ihrer Islamhetze bei den letzten Landtagswahlen ordentlich abgesahnt hat, sehen sich nun auch andere Parteien gezwungen, mit Burkini und Burka Debattenstimmen zu holen. Dasselbe spielt sich in Frankreich ab, wo die FN mit ihrer Anti-Islam Politik die anderen Parteien in Bedrängnis bringt und sie dadurch auch auf diesen Kurs aufspringen, um Wählerstimmen zu ergattern. In einem Zitat sagt Adel Ahmed vom Forschungszentrum für säkulare Studien in der Arabischen Welt (SSRCAW) in Kopenhagen: „Bei der Diskussion geht es im Grunde nämlich gar nicht um Frauenrechte oder Säkularismus. Und es geht auch nicht darum, ob Muslime Teil der europäischen Gemeinschaft sein können“, kommentiert Ahmed. „Es ist eine politische Entscheidung und eine Folge des Aufstiegs der rechten Bewegungen in Frankreich.“

Alles in allem ist es armselig, dass Wahlkämpfe auf dem Rücken der Muslime ausgetragen werden und dann auch noch im Namen der „Freiheit“ oder der „offenen Gesellschaft“.

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